Helmut Dahmer, geb. 1937, ist Soziologe und Psychoanalytiker. Er gehörte zum Kern der politischen Bewegung 1968, forschte über Wilhelm Reich, war Herausgeber einer Trotzki-Gesamtausgabe und mischt sich bis heute in gesellschaftliche Debatten ein.
Archiv der Kategorie: Kapitalismus-oe
Technikkritik – vom Anti-AKW-Kampf bis heute – ein Vortrag von Hauke Benner
Neue Aufsätze zum Rechtsradikalismus – von Andreas Peglau und Wulf D. Hund
Horkheimer 1947 zur Umweltproblematik
Max Horkheimer hat in seinem im US-amerikanischen Exil geschriebenen und zunächst in Englisch publizierten Werk (Eclipse of Reason, dt. 1967: Zur Kritik der instrumentellen Vernunft) schon die zunehmende Umweltzerstörung durch die kapitalistisch-industrielle Produktion und die Vermarktlichung der Natur thematisiert. Die Kapitalverwertung braucht die Ausbeutung von Mensch und Natur und untergräbt damit die Springquellen des lebendigen Reichtums dieser Erde. Der Auszug ist einen Kompendium von Peter Cornelius Mayer-Tasch zur Genealogie der ökologischen Idee entnommen.
Adorno – Gedenken anlässlich seines 50sten Todestages
Ein ausgesprochen gelungener Überblick über Adornos Schaffen, erschienen in der Jungen Welt (JW), die ansonsten an der Kritischen Theorie – ganz in der Tradition des DDR-Marxismus – kein gutes Blatt lässt. Erfreulich, dass sich in der JW auch mal ein solcher Text wie der des Theaterwissenschaftlers Jakob Hayner findet.
Aufsätze zur gesellschaftlichen Situation
Nicht erst seit Chile 1973 wissen wir von der engen Verwanstschaft zwischen (Neo-)Liberalismus und Faschismus. Daran erinnert die US-amerikanische Politologin und Philosophin Nancy Fracer, Hannah Arendt folgend, die schon in den 1940er Jahren die Allianz zwischen der „guten Gesellschaft“ (sie meinte z.B. Krupp und Thyssen) und der „Unterwekt des Mob“ beschrieb, in ihrem Kommentar zur Neuen Rechten. Ihre These: „Der Liberalismus ist ein Komplize des Faschismus.“
Der Psychologe Götz Eisenberg beschreibt aus der Perspektive der Kritischen Theorie die Entwicklung von Rohheit, Rücksichtslosigkeit und Vandalismus auf der Basis des „totalen“ globalisierten Kapitalismus und der „totalen“ Vermarktlichung allen Lebens. Ein schwer verdaulicher, doch wichtiger Artikel (erschienen in der Tageszeitung „Jungen Welt“). Eisenberg folgt Max Horkheimer darin, ein „theoretischer Pessimist und zugleich ein politischer Optimist“ zu sein.
Die Publizistin Mely Kiyak setzt sich mit dem Zusammenhang von Klimakatastrophe, golalen Unternehmen und Konsumverhalten auseinander. Sie stellt fest, dass pseudopolitische Aktionen wie z.B. Appelle an ein anderes Konsumverhalten, nichts an der Gesamtsituatiuon ändern können. Sie plädiert für deutlich strengere Regulation, und das heißt: für mehr Verbote. Im Grund ist Keliyks Plädoyer eines für einen globalen freiheitlichen uns sozialen Rechtsstaat.
Geschichte der Linken nach 1945
Ein hoch interessanter Beitrag, vor allem was die Geschichte der SPD anbelangt. Sebastian Haffner hat hisichtlich der Novemberrevolution plausibel herausgearbeitet, dass die SPD schon mit ihrer Kriegs-Zustimmung, dann aber insbesondere mit ihrer Burgfriedenspolitik und ihrer Verbandelung mit dem Großkapital, einen Verrat an ihrer eigenen Basis begangen hat. Edgar Weick zeigt in seinem Beitrag zur Geschichte nach 1945, dass mit dem Godesberger Programm die SPD erneut einen Verrat sui generis begangen hat, nämlich einen an ihrer eigenen Tradition und den originären sozialdemokratischen Ideen.
Jan Ziegler zum Hunger in der Welt
Beispiel Äthiopien: Die dort Herrschenden haben die Gier von Großkonzernen wie z.B. Nestle nach riesigen Bodenflächen erkannt. Der Hunger dort ist nicht nur hausgemacht, sondern auch eine Folge der massenhaften Enteignung von Kleinbauern und der Zerstörung des Bodens durch globale Konzerne.
Brasilien unter Bolsonaro
Ein Bericht zweier brasilianischer Aktivisten/-innen, die im Bereich Gesundheitspolitik arbeiten, übernommen aus dem Infoblatt von „medico international“:
Zur politischen Gefühlslage in Deutschland und Frankreich
Ein ZEIT-Bericht vom letzten Jahr zur Situation in Bitterfeld. Die globalen Wirtschaftseliten kommen, gehen und hinterlassen ökonomisch, sozial und kulturell ödes Land. Die Wut der Bitterfelder ist absolut nachvollziehbar.
In Frankreich erhebt sich die Bevölkerung gegen die Arroganz der wirtschaftsliberalen Elite, die jede verbindung zur Situation der „einfachen Leute“ verloren hat. Eine bewegende Gefühlsäußerung des jungen Literaten Edouard Louis, ein Freund von Didier Eribon.
Die Wiener Rede Svenja Flaßpöhlers ist ein überzeugendes Plädoyer für ein Verstehen – auch ein Verstehen der Menschen, deren politischen Gefühlsausbrüche aus nicht gefallen mögen. Flaßpöhler zitiert Hannah Arendt, die sagt, man müsse versuchen, den Totalitarismus zu verstehen, nicht als Entschuldigung, sondern als Bedingung, um in der Welt zu handeln. Und vielleicht auch eine Erinnerung an Ernst Bloch, der 1932 schrieb, die Faschisten „ziehen doch manchen Fisch ans Land, der nicht ins faschistische Brackwasser gehört, auch manche Piratenkiste, die erst die Vernunft öffnet und erbt“ (Erbschaft dieser Zeit, Ausgabe 1962, S. 166).